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Höhlenbärenfunde aus
der Baumannshöhle/Ostharz im
Nieders. Landesmuseum Hannover
Einleitung: Bereits bei den ersten wissenschaftlichen Grabungen
in zweien der Rübeländer Höhlen, der Hermanns- und der Baumannnshöhle, wurde eine große Anzahl an pleistozänen
Tierknochen geborgen. Diese
Grabungen wurden in den Jahren nach 1887 bis 1897 von
den Geowissenschaftlern KLOOS und BLASIUS aus Braunschweig durch
geführt, das Fossilmaterial gelange somit zum überwiegenden Teil in den Besitz des Naturkundemuseums Braunschweig,
dessen Direktor zu dieser Zeit BLASIUS war. Weiteres Grabungsgut älterer Grabungskampagnen
befindet sich in Rübeland selbst sowie auch in Halle (SICKENBERG 1969). Neben Tierknochenfunden kamen auch Artefakte zutage,
diese wurden bereits von TOEPFER (1954) beschrieben und der Mousterien-Kultur
(Altsteinzeit) zugeordnet. Das noch vorhandene und zugängliche Fossilmaterial wurde von SCHÜTT (1969)erstmals bearbeitet, sie teilte die Funde der über 30 Tierarten
in zwei Faunenkomplexe der mittleren Weichsel-Zeit ein.
Bis dato unbekannt war, daß auch im Niedersächsischen Landesmuseum Hannover
Funde aus der Baumannshöhle aufbewahrt werden. Erst bei einer intensiven Suche in musealen Beständen nach quartären
Tierknochenfunden des Südwestharzes, die der Autor im Rahmen des Projektes "Wissenschaftliche Bearbeitung eiszeitlicher Tierknochen"
auch im Landesmusem durchführte, kam im Kellermagazin der Urgeschichtsabteilung ein "verstaubter" Karton mit der Aufschrift
"BÄRENSCHÄDEL BAUMANNSHÖHLE RÜbeland im Harz" zutage. Recherchen in den Magazinbüchern ergaben,
daß dieser Höhlenbärenschädel in den 20er Jahren vom damaligen Direktor des Museums,
Prof. JACOB-FRIESEN, von einem Herrn SPANUTH, Studiendirektor und Heimatforscher aus Hameln, eingetauscht wurde. Bereits bei der
ersten Sichtung des Materials, und auch durch die nachfolgende biometrische Auswertung eindeutig bestätigt, entpuppte sich dieser "Bärenschädel" als Knochenrest mehrerer Individuen. Die
Angaben im Magazinkatalog und auf dem Karton waren also etwas verwirrend, ob nun SPANUTH oder auch JACOB-FRIESEN bei der Erstansprache von
dieser Befundlage wußten, ist heute nicht mehr bekannt. Das Fossilmaterial (Inventar-Nr.:
342:48) umfaßt insgesamt fünf Einzelstücke: einen Oberschädel, je einen
rechten und linken Unterkiefer sowie zwei einzelne untere Backenzähne.
Material:
Ursus spelaeus ROSENMÜLLER & HEINROTH 1793
1.- Cranium: nahezu vollständig (Jochbeinbögen fehlen); fast
komplett mit
Sinter Überzogen, Farbe gelbl. grau, teilweise brÄunl.grau; Knochenfarbe gelbl. Wie?; noch vorhandene
Zähne: P4, M1,
M2 sin.; P4, M1 dext., Mäßig abgekaut; Wurzelteil Csup.sin.; Farbe der
Zähne: hellgelb.
2.- Mandibel sin.: unvollständig (Proc.coronoideus abgebrochen);
C sin.-Krone herausgebrochen, vorderer Bereich des rechten Kieferastes mit C
dex. noch angewachsen; weitere Zähne: M2 und M3, mäßig abgekaut; Farbe hellgelb bis hellbraun, leicht gräulich.
3.- Mandibel dex.: Bruchstück des mittleren Kieferastes mit M3,
Farbe wie 2. An beiden Unterkiefern sind sowohl alte (fossile) als auch neuere (Grabung, ...) Bruckkanten feststellbar, ergänzende
Bruchstücke fehlen aber im Inventar.
4.- M2 sin.: Einzelstück, Krone mit Wurzelansatz, Außenbereich
abgebrochen; nicht abgekaut. L = 30,3mm.
5.- M1 dex.: Einzelstück, Krone mit oberem Wurzelteil, stark abgekaut. L = 31,9mm; B vord.= 15,3mm; B hint.= 13,1mm; E = 12,3mm.
Schädelmaße |
342:48 |
SCHÜTT 1969 |
EHH85 |
EHH86 |
EHH87 |
Mixnitz |
Basilarlänge |
480 |
337 - 443 |
|
395 |
450 |
429 |
Kranialänge |
270 |
181 - 241 |
220 |
210 |
|
227 |
Faziallänge |
210 |
156 - 210 |
|
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Profillänge |
505 |
368 - 500 |
420 |
430 |
500 |
485 |
Länge P4-M2 |
97 |
81 - 106 |
82 |
80 |
96 |
95 |
Diastemlänge |
51 |
34 - 54 |
53 |
48 |
40 |
48 |
Hinterhaupthöhe |
125 |
92 - 124 |
|
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Hinterh.breite |
240 |
164 - 241 |
|
|
230 |
|
Stirnbreite |
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105 - 151 |
120 |
120 |
162 |
155 |
Jochbeinbreite |
310 |
233 - 318 |
|
|
335 |
|
Schläfenenge |
80 |
72 - 93 |
|
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|
Caninenbreite |
115 |
101 - 125 |
|
|
113 |
|
Unterkiefer |
sin (2) |
dex (3) |
masc. |
fem. |
m |
Gesamtlänge |
315,0 |
326 - 355 |
|
275 - 305 |
313 |
Diastemlänge |
53,3 |
|
54 - 70 |
45 - 63 |
57 |
Länge P4-M3 |
102,2 |
|
97 - 115 |
90 - 104 |
101 |
Länge M1-M3 |
86,0 |
> 90,0 |
|
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Höhe vor P4 |
71,0 |
|
65 - 81 |
49 - 68 |
64 |
Höhe M2/M3 |
76,6 |
81,0 |
75 - 95 |
58 - 72 |
73 |
H.Proc.con. |
< 200,0 |
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Br.Condylus |
> 70,0 |
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Zahnmaße |
P4d. |
M1d. |
P4s. |
M1s. |
M2s. |
M3d. |
M2s. |
M3s. |
Cid. |
Länge L |
22,2 |
30,5 |
22,4 |
30,5 |
47,1 |
30,6 |
28,4 |
25,7 |
|
Breite B |
19,3 |
21,3 |
19,5 |
22,0 |
25,5 |
20,5 |
19,5 |
21,0 |
24,1 |
Legende: 342:48= Funde im Landesmuseum; SCHÜTT 1969= Rübeländer
Höhlen, Angaben bei SCHÜTT; EHH85&86= 2 Schädelfunde aus der
Einhornhöhle Weißer Saal; EHH87= Einhornhöhle 1987 (siehe4); Mixnitz=
Mittelwert für die Drachenhöhle bei Mixnitz (ZAPFE 1948). sin (2), dex (3)= Unterkieferfunde aus 342:48; Angaben aus SCHÜTT
1969: masc.= männl.Tiere; fem.= weibl.Tiere; m= gemeinsamer Mittelwert.
Maße in mm.
Diskussion: Die biometrischen Werte der vorliegenden Knochenteile
und der isolierten Zähne zeigen eindeutig, daß die Funde nicht zu einem einzelnen Bärenschädel gehören, auch die Unterkiefer und
die Molaren sind zudem von verschiedenen Tieren. Die
Mindestindividuenzahl
beträgt somit fünf. Aufgrund ihrer Größe scheinen sowohl der Schädel als auch der linke Unterkiefer von männlichen
Tieren zu stammen. Der Unterkiefer liegt in seinen Maáen im Bereich der
Meßwerte von SCHÜTT für die Baumannshöhle, der Schädel ist im Verhältnis zu den bisherigen Altfunden aus dieser Höhle
als extrem groß anzusehen. Ein Vergleich mit Ursus spelaeus aus der nahen Einhornhöhle zeigt allerdings auch, daß der Rübeländer
Bär zum einen Funde aus dem Weißen Saal der Einhornhöhle (NIELBOCK 1987:
115-162) bei weitem übertrifft, ein Schädel aus dem Jacob-Friesen-Gang allerdings eine ähnliche Dimensionierung wie
der hier beschriebene Cranial-Fund der Baumannshöhle hat.
Anmerkungen:
1: Ich danke hierbei Herrn Dr.Dr.Wegner und den Mitarbeitern der
Urgeschichtsabteilung für die Bereitschaft, das Fossilmaterial im Landesmuseum bearbeiten zu dürfen.
2: Es besteht durchaus die Möglichkeit, daß bei diesem Tauschhandel die Orginal-Artefaktfunde aus der Baumannshöhle in das Eigentum von
SPANUTH übergingen, da sie zu dieser Zeit aus nämlicher Urgeschichtsabteilung
"an einen Privatsammler vertauschtwurden und seither verschollen sind"
(SCHÜTT 1969:81)!
3: SCHÜTT gibt insgesamt 10 Schädel adulter Tiere an.
4: Dieser Schädel (EHH87:55/16:135) wurde bei der Grabung 1987/88
des Landesmuseums Hannover in der Einhornhöhle gefunden, eine ausführliche Veröffentlichung der biometrischen Auswertung insgesamt steht
noch aus.
Literatur:
MARINELLI, W. (1931): Der Schädel des Höhlenbären. - In ABEL, O.
& KYRLE, G.: Die Drachenhöhle bei Mixnitz. Speläolog. Monographien 7-9:
332-497; Wien.
NIELBOCK, R. (1987): Holozäne und jungpleistozäne Wirbeltierfauen der Einhornhöhle/Harz. - Diss. TU Clausthal: 194 S., 21 Tab.,
121 Abb.; Clausthal.
SCHÜTT, Gerda (1969): Die jungpleistozäne Fauna der Höhlen bei
Rübeland im Harz. - QUARTÄR Bd.20: 79-125, 3 Taf.; Erlangen.
SICKENBERG, O. (1969): Die Wirbeltierfaunen der Höhlen und Spalten des
Harzes und seines sÜdwestlichen Vorlandes. - Jh. Karst- u. Höhlenkde. 9: 91-106; München.
TOEPFER, V. (1954): Stand und Aufgaben der urgeschichtlichen Erforschung der
Harzhöhlen bei Rübeland. - Jschr. Mitteldt. Vorgesch., 38: 1-33; Halle.
ZAPFE, K. (1948): Die altpleistozänen Bären von Hundsheim in
Niederösterreich. - Jb.Geol.BA, Jg.46, 3./4.H.: 95-164; Wien.
Ursus spelaeus: Schädel
(oben) und Unterkiefer (unten), Rübeland /
Harz;
Maßstab: Balken = 5 cm.
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